Alt In Berlin
Alter hat viele Gesichter, Lebensformen und Möglichkeiten in Berlin,
dieser Ansammlung sehr unterschiedlicher Großstädte.
Wenn überhaupt, wird Alter öffentlich eher einseitig wahrgenommen
als defizitär, problematisch, mühselig und kostenträchtig.
Perspektivwechsel lohnen,
genau hinschauen, querdenken, nachfragen,
und manchmal hilft nur Gelächter.
dieser Ansammlung sehr unterschiedlicher Großstädte.
Wenn überhaupt, wird Alter öffentlich eher einseitig wahrgenommen
als defizitär, problematisch, mühselig und kostenträchtig.
Perspektivwechsel lohnen,
genau hinschauen, querdenken, nachfragen,
und manchmal hilft nur Gelächter.
Ich habe wieder einmal etwas gelernt. Schmerzhaft, anstrengend, mühsam. So zu lernen, scheint für mich die nachhaltigste Form zu sein, mir Wissen anzueignen. Wie ich es dieses Mal geschafft habe? Da gab es Schlüsselereignisse – ein Nachbar, der drei Monate nach seinem Tod in seiner Wohnung nebenan aufgefunden wurde, nachdem ich die Wohnungsverwaltung auf die Fliegeninvasion in meinem Zuhause aufmerksam gemacht hatte. Es gab den 85Jährigen am Sorgentelefon, der mich fragte, warum er noch leben solle, nachdem sich die Reihen um ihn herum geleert hatten. Es gab die Erkenntnis, dass der Deutsche Alterssurvey (DEAS) keine relevanten Aussagen über die Lebensverhältnisse von Menschen über 80 treffen kann. Weil es zu aufwändig scheint, diese so zu befragen, wie die in den Altersjahrgängen von 40-75. Und es gab das Ergebnis einer Studie aus Köln, dass etwa 40% der Älteren nicht wissen, was es in ihrer Nachbarschaft an Angeboten für sie gibt. Das trieb mich um, bis ich auf ein Projekt in England stieß, mit dem eine gute Lösung für diese Probleme gegeben schien. Ich fuhr hin, fragte nach und beschloss, so etwas hier anzuschieben. Ich suchte und fand Menschen, die ich dafür begeistern konnte. Menschen, die bereit waren, im Rahmen ihrer Möglichkeiten mit mir daran zu arbeiten. Mein Fehler – es gelang mir nicht, Verantwortung und Arbeit ausgewogen auf viele Schultern zu verteilen. Ich hinterfragte nicht, was sich bei sehr unterschiedlichen Motivationen letztlich auch an Konflikten mit mir und untereinander in diesem zusammen gesuchten und immer wieder auch verändernden Freiwilligenteam entwickeln würde. Es war mir nicht klar, dass ein soziales Projekt, das der Fürsorge für eine bestimmte Bevölkerungsgruppe dienen soll, auch Erwartungen an soziales Verhalten und Bedürftigkeiten innerhalb der Gruppe weckt, die aus dem Anliegen des Projektes herrühren. Für deren Erfüllung ich scheinbar die alleinige Verantwortung trug. Freie Gruppen konstituieren sich um ein gemeinsames Ziel, eine gemeinsame Idee herum. Ist das Ziel erreicht oder verliert die Idee ihre Bindungskraft, löst sich die Gruppe auf, oder Einzelne gehen. Fliehkräfte können aus Konflikten entstehen und es ist eine Frage von Selbstfürsorge, sich als Einzelne*r von einer Gruppe zu trennen, wenn Konflikte nicht besprechbar erscheinen oder zu anstrengend werden. Solche Konflikte entstehen einerseits durch Rahmenbedingungen von außen (Zeitmangel, Geldmangel, Raummangel, Tabus und fehlende belegbare Zahlen dazu, Widerstände im öffentlichen Raum…) und andererseits durch Reibungen im Team. Wie kann man es gut organisieren, dass sich diese nicht auf eine Person fokussieren, an die dann die Erwartung gerichtet wird, beides irgendwie und gut zu Lösungen zu führen? Wie auch immer dieses „gut“ antizipiert wird?
In diese Falle bin ich getappt. Die erste Krise konnten wir im Gespräch der unmittelbar Beteiligten bearbeiten – initiiert von der Kollegin, die ein Problem mit mir und meiner Herangehensweise hatte. Nach drei Jahren freiwilliger Arbeit der Gruppe gelang dann es vor einigen Monaten, das Projekt in die erste Umsetzungs- und Professionalisierungsphase zu befördern. Ziemlich gleichzeitig stiegen kurz nacheinander zwei Freiwillige aus, die über die Kompetenzen für ein wichtiges Unterthema im Projekt verfügten. Noch ein Fehler – gefangen in der stetig wachsenden Sacharbeit und den Problemen im Außen des Projektes habe ich ihre Signale nicht ernst genug genommen und keine angemessene Form gefunden, das mit ihnen zu bearbeiten. Dazu kam statt dessen eine Dritte, die diese Signale wahrnahm und auf ihre eigene Weise darauf reagierte. Der erste Kollege teilte die Gründe für seinen Ausstieg dem zweiten mit. Der zweite gab seine Gründe mir bekannt, während und unmittelbar nach seinem Rückzug. Mit beiden kommunizierte die Dritte im Spiel, bis beide die Kommunikation mit ihr beendeten. Mit dieser Dritten nahm ich an zwei einvernehmlich vereinbarten Mediationsterminen teil mit professionellen Mediatorinnen. Dabei zog sich dann auch die Dritte ohne weitere Angabe von Gründen gegenüber dem Team zurück. Mir blieb die Aufgabe, alle drei Rückzüge im Team bekannt zu geben, ohne auf deren Gründe eingehen zu können – man spricht ja nicht über Abwesende. Im Freiwilligenteam blieben damit Lücken, physisch und mental, an die sich unausgesprochene Vermutungen und Verantwortungszuweisungen knüpften. Jetzt hat eine der vier festen Mitarbeiterinnen nach zwei Monaten ihrer Probezeit eine Gelegenheit beim Schopf gepackt, anstelle des befristeten Jobs im Projekt eine unbefristete Stelle beim Träger zu bekommen. Was für sie eine Chance ist. Nicht verschwiegen werden soll, dass wir Differenzen hatten, von denen ich annahm, dass wir sie mit einem klärenden Gespräch und gegenseitigem Feedback nach ihren ersten fünf Arbeitswochen bearbeitet hatten. Ein Irrtum. Schwer hinnehmbar ist dagegen, dass meine Vorgesetzte beim Träger den ganzen Vorgang befördert/begleitet hat, ohne mich spätestens bei der Terminsetzung für den Wechsel zu beteiligen. Sie hat es der Mitarbeiterin überlassen, mir die vollendete Tatsache mitzuteilen. Sie scheint – wenigstens nach den Angaben der Mitarbeiterin – auch sehr interessiert daran zu sein, dass diese umgehend ihre neue Stelle antritt. Ganze vier Arbeitstage blieben so für die Übergabe der Aufgaben dieser Mitarbeiterin. Dazu kommt der Verlust von fast 30% der Arbeitskraft für die Umsetzung und nachhaltige Sicherung des Projektes. Nach dreieinhalb Jahren bin ich jetzt an dem Punkt, selbst auszusteigen. Noch kann ich es nicht, weil wieder einmal im Umfeld Dinge geschehen, die den Start des Angebotes noch in diesem Jahr realisierbar erscheinen lassen. Meine Deadline - 1.9.2017 - wird jedoch durch die Ereignisse, meine persönliche Erschöpfung und durch meine rapide sinkende Motivation bestätigt. Das Gelernte? Es genügt nicht, Menschen zu finden, die (nur?) mitmachen wollen. Das gemeinsame Interesse an Idee und Projekt genügen nicht, auch persönliche Befindlichkeiten aufzufangen. Die Balance zu finden zwischen den zeitlichen Anforderungen der inhaltlichen Arbeit, den unterschiedlichen sozialen Erwartungen von Freiwilligen und dem knappen Zeitbudget, das für beides zur Verfügung gestellt wird, gleicht einer Quadratur des Kreises. Für mich ist es die totale Überforderung, neben der fachlichen Arbeit und Koordination derselben auch die Beziehungsarbeit mit den Einzelnen und der Gruppe im notwendigen Umfang zu leisten, ein den jeweils persönlichen Erwartungen des/der Einzelnen angemessenes Maß an Wertschätzung für diese Leistungen zu erbringen. Wie weit ist das überhaupt ausschließlich meine Aufgabe als Initiatorin/Zugpferd? Wie weit ist das leistbar und von wem? Bei einem nächsten Mal muss ich das immer wieder klären und auch klären lassen. Schaun wir mal...
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Juni 2019
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