Alt In Berlin
Alter hat viele Gesichter, Lebensformen und Möglichkeiten in Berlin,
dieser Ansammlung sehr unterschiedlicher Großstädte.
Wenn überhaupt, wird Alter öffentlich eher einseitig wahrgenommen
als defizitär, problematisch, mühselig und kostenträchtig.
Perspektivwechsel lohnen,
genau hinschauen, querdenken, nachfragen,
und manchmal hilft nur Gelächter.
dieser Ansammlung sehr unterschiedlicher Großstädte.
Wenn überhaupt, wird Alter öffentlich eher einseitig wahrgenommen
als defizitär, problematisch, mühselig und kostenträchtig.
Perspektivwechsel lohnen,
genau hinschauen, querdenken, nachfragen,
und manchmal hilft nur Gelächter.
![]() Alt bist du von Geburt an – eine Stunde, einen Tag, ein Jahr, 10, 20, 30, 50, 80 und – vielleicht - so weiter, so lange es eben geht. Es gibt Kindes- Jugend- und Erwachsenenalter. Verbunden mit Erwartungen, Erfahrungen, Wünschen und Zuschreibungen, geprägt durch die anderen, durch Traditionen und kulturelle Gegebenheiten und selbst erlebt. Altersbilder sind Konstrukte, es lohnt sich, genauer hinzuschauen. Erst, wenn du „alt“ bist, gibt es keine Vorsilbe mehr – du wirst auf ein Faktum an sich beschränkt. Verbunden mit dieser Reduktion kommt die Verleugnung. Da helfen freundliche Umschreibungen, wie „Senior/in“, „vierte Lebensphase“ oder ähnliches nicht wirklich, um die damit verbundenen Unannehmlichkeiten zu mildern oder gar zu ändern. Gut, in Zeiten des Jugendwahns setzt Ähnliches schon vorher ein, man erinnere nur „das dreißigste Jahr“, die peinliche Schwelle, wo Jugend als beendet erlebt wird. Und dennoch ist das kaum vergleichbar mit diesem Übergang in die letzte Lebensphase, wo der Selbstwert kaum noch durch Arbeit und Einkommen von außen gesetzt, sondern plötzlich der eigenen Kreativität der „Betroffenen“ übergeben wird. Wer will schon „betroffen“ sein? Oft genug ist tiefe Depression die Folge, „nicht-gebraucht-werden“ heißt nichts „verdienen“. Heißt zum Schmarotzer werden in einer Gesellschaft, wo ein „Generationenvertrag“ Konflikte aufzureißen scheint. Wo erwerbsfähige Junge (Erwachsene) die Renten der Alten erwirtschaften sollen, obwohl ihnen die Chance zu eigener existenzsichernder Erwerbstätigkeit oft genug nicht gewährleistet wird. Wo Alte trotz lebenslanger Arbeit ebendiese Gewähr für die Jungen meist nicht leisten konnten. Da wird endlos geredet über demografische Entwicklungen und vor allem Kosten gesehen. Überaus vertraut sind dann Formeln wie Pflegenotstand, Kostenexplosion, Methusalemkomplex, Altenüberschuss. Kein Wunder, dass Politiker zwar auch weit über 60 sein dürfen, aber in üblicher Verleugnung ihres Alters lieber andere, wichtigere Themen besetzen. Es bedurfte hierzulande einer Politikerin (damals noch in den besten Jahren), damit die Bundesregierung vor sechs Legislaturperioden Altenberichte in Auftrag gab. Basierend auf Erhebungen, die jenseits der Altersgruppe der 80Jährigen keine relevanten Zahlen mehr lieferte. Waren die Ausgeblendeten dann wirklich „alt“ und damit nicht mehr interessant? Was bedeutet das, wenn 2014 die erste Studie zu dieser Gruppe aus der privaten Wirtschaft kam? Egal, jenseits der einen Option, in anhaltender Ignoranz der möglichen Folgen von kontinuierlicher Annäherung an das Lebensende überwältigt zu werden, gibt es andere. Demonstriert von anderen einstmals stigmatisierten Bevölkerungsgruppen. Es ist noch garnicht so lange her, dass hierzulande schwul oder lesbisch sein als Tabu, krank und heilbar galt. Selbst-bewusst werden, Privatisierung durch Öffentlichkeit und Gemeinsamkeiten ersetzen, Normalität und Diskriminierung benennen und Begrifflichkeiten selbstbewusst umwerten – das zeigte sich dort über wenige Jahrzehnte als gute Veränderungsstrategie. Warum nicht als Geschenk erleben, was ein Geschenk ist? Altsein kann heißen, endlich den Druck loszuwerden, Selbstwert, Wert und Sinn aus Arbeit und Einkommen herzuleiten, die – oft genug – ausschließlich von außen definiert und als mühsamer und mitunter entwürdigender Kompromiss zum Zwecke des Überlebens erlitten werden. Rund 80% der Menschen im Rentenalter haben, wie auch immer, in diesem Land den Anspruch erworben, mit diesem Übergang ihre persönliche Unabhängigkeitserklärung zu genießen. Was für ein Geschenk: Selbst zu bestimmen, was mir wichtig ist, wofür ich leben will, was ich sage und wie ich die mir geschenkte Zeit nutze! Geschenkte Zeit: 10 Stunden Freiheit anstelle Arbeitstag – Wege und Pausen eingerechnet - oder 2400 Stunden pro kommendem Lebensjahr! Wow! Klar, das zu füllen, kann zur Mammutaufgabe geraten. Vor allem, wenn ich mich von Vorurteilen und Ängsten einschränken lasse. Selbst wenn Alter mir als Krankheit mit unabwendbarer Todesfolge geschildert wird, so manche/r Todkranke lebt es vor: Wer, wenn nicht ich, darf den Sinn eines jeden Momentes meines Lebens definieren? Wann, wenn nicht jetzt, die Gegenwart, den Augenblick mit aller Intensität Selbst-bewusst leben?
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Juni 2019
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