Alt In Berlin
Alter hat viele Gesichter, Lebensformen und Möglichkeiten in Berlin,
dieser Ansammlung sehr unterschiedlicher Großstädte.
Wenn überhaupt, wird Alter öffentlich eher einseitig wahrgenommen
als defizitär, problematisch, mühselig und kostenträchtig.
Perspektivwechsel lohnen,
genau hinschauen, querdenken, nachfragen,
und manchmal hilft nur Gelächter.
dieser Ansammlung sehr unterschiedlicher Großstädte.
Wenn überhaupt, wird Alter öffentlich eher einseitig wahrgenommen
als defizitär, problematisch, mühselig und kostenträchtig.
Perspektivwechsel lohnen,
genau hinschauen, querdenken, nachfragen,
und manchmal hilft nur Gelächter.
2006 war ein Jahr großer Ereignisse - man denke nur an den Baubeginn des weltberühmten BER, des Flughafens Berlin-Brandenburg. Und das Berliner Seniorenmitwirkungsgesetz, das BerlSenG, wurde 2006 verabschiedet. Beides Ereignisse, die an Tragweite und Sanktionslosigkeit kaum zu überbieten sind. Wie gesagt – der BER ist weltweit bekannt. Wodurch alles, das weiß Jede:r – Kostenexplosion, Dimension, Bauzeit, Planung, Fehler, extrem unvollendet usw. Das BerlSenG seinerseits ist ebenfalls extrem – unbekannt. Es kostet fast nichts und ist nahezu wirkungslos, ebenfalls sanktionsfrei, und braucht nicht vollendet zu werden. Beide dienen in einzigartiger Weise den Bedürfnissen der Stadt und ihrer BewohnnerInnen.
Wer braucht denn so etwas? Ich meine, wer braucht schon den BER oder das BerlSenG? Mal abgesehen davon, dass beides Wirtschaftsförderung pur ist. Klar, an der Nichteröffnung des BER sind ein paar Händler und Kleinversorger Pleite gegangen. Dafür verdienen Aufsichtsratsmitglieder, Bau-, Montage- und Planungsunternehmen je mehr je länger. Am BerlSenG dagegen wird mit Sicherheit niemand Pleite gehen. Sichert es doch optimal seit zehn Jahren die Mitsprache- und Beteiligungsrechte eines Viertels der Bevölkerung, von rund 850 000 BerlinerInnen über 60 Jahren - durch weitgehende Unbekanntheit. Oder kennen SIE etwa das Berliner Seniorenmitwirkungsgesetz? Oder eine_n Seniorenvertreter_in aus Ihrem Bezirk? Nichts davon gehört? Sehen Sie – Zweck erfüllt! Also mal Klartext: Selbstverständlich braucht die Bundeshauptstadt angesichts ihres Demografieproblems eine ehrenamtliche Lobbygroup für den am stärksten wachsenden Bevölkerungsanteil – die Alten. Haben wir doch im Abgeordnetenhaus im sogenannten „Ältestenrat“ gerade mal einen Menschen über 60. Auch von den anderen Abgeordneten präsentiert sich kaum eine_rr – selbst wenn er oder sie über 60 sein sollte – als „alt“ oder gar als Interessenvertreter_in für diese Bevölkerungsgruppe, die ja am ehesten noch für die Pflegeindustrie von Interesse ist und ansonsten als größte und zuverlässigste Wählergruppe gilt. Egal, ob und wie ihre Interessen vertreten werden. - Wenn nur die Rente sicher ist. Ein Gesetz - formal und mit beschränkter Wirksamkeit Die Selbstverständlichkeit einer gesetzlichen Grundlage für diese Lobbygroup wurde – vorbildlich und erstmalig in Deutschland – im Jahre 2006 erfüllt mit – ja!!! - dem BerlSenG! Formgerecht und mit beschränkter Wirksamkeit. Ein bisschen erinnert es an die Gleichberechtigungsgesetze der 80er des vorigen Jahrhunderts. Gemacht zur Beruhigung einer so zahlenstarken wie einflusslosen Bevölkerungsgruppe – ehrenamtlich, ein Bauchladen voller Aufgaben zum Aussuchen, kaum Mittel, kein Personal, Bestellung durch die Verwaltung, freischwebend im hintersten Winkel des Rathauses. Und – wie gesagt – mit beschränkter Wirksamkeit. Ich meine, wo wollten wir denn hinkommen, wenn die Beispiele Breite Straße oder Hansa-Ufer auch noch mit Unterstützung einer Seniorenvertretung Schule machten! RENTNERGANGS (!!!), die im Kampf um ihre Rechte medienträchtig Skandal aufrühren und hart arbeitende wortbrüchige Politiker und Heuschrecken vorführen! Die Internetpetitionen, ich wiederhole INTERNETPETITIONEN starten und auch noch -zigtausende Unterschriften sogar aus Spanien und Kanada und werweißnoch woher dafür erhalten! Und der Schaden für die Wirtschaft – nicht vorzustellen! Überlegen Sie doch mal, was die Folge wäre, wenn 850 000 und immer noch mehr Alte den Skandal aufdecken würden, dass der PflegeTÜV nichts über die Qualität von Pflege aussagt, weil die zu Pflegenden und ihre Angehörigen natürlich nicht an der Begutachtung beteiligt und Heimbeiräte keine Pflichteinrichtung sind! Dazu der Fakt, dass Altersheime als sichere Renditeobjekte für Anleger angepriesen werden, weil der Staat über 20 Jahre für diese TÜVzertifizierte Pflege Auslastung garantiert – mit Ihren Steuergeldern! OK, das wird auf Bundesebene geregelt, darum gibt es ja auch kein Bundesgesetz zur Seniorenmitwirkung. Und glücklicherweise ignorieren die geburtenstarken Jahrgänge, dass auch sie demnächst in die Zielgruppe aufrücken. Wahlen? Immerhin zeigt Berlin, dass man so etwas schadlos regeln kann und alle sind zufrieden und brav. Vor allem auch die hier in diesem Jahr zum dritten Mal zu „wählenden“ Seniorenvertreter_innen. Die jetzt im Amte Befindlichen haben, soweit sie es überlebten, brav überall mitgeredet - wo der Senat oder die Bezirkspolitiker_innen es zuließen oder sogar anboten. Haben in einjähriger Arbeit Vorschläge für die Novellierung des BerlSenG erarbeitet! Und dabei ganz übersehen, dass die Koalition vor fünf Jahren zwar eine Prüfung, aber keine Novellierung des Gesetzes versprochen hat. Welch selbiges Versprechen die Koalition auch prompt und verlässlich einhält und die Opposition nicht konterkariert. Ätsch, reingefallen! Und? Jetzt? Skandal? Protest? Nö, Eingaben und unterirdisches Gegrummel. Was üblicherweise geduldige Alte eben so mit sich machen lassen, falls sie überhaupt mitkriegen, was da so läuft. Immerhin, die Koalition hat auch hier getan, was sie konnte... Wozu auch? Und eigentlich ist da auch keine Eile nötig. Wird sich doch zum Beispiel dank Gentrifizierung wenigstens im Innenstadtring en passant das Problem wachsender Zahlen problembehafteter Alter von alleine lösen. Die Gefahr, dass die deutsche Hauptstadt der Kinderarmut dann auch noch zur Hauptstadt der Altersarmut wird, besteht eher nicht. Die paar wohlhabenden schwäbischen Rentner_innen, die dort nach der dritten Gentrifizierungswelle noch die Mieten bezahlen können, machen dann keine 20% der Bevölkerung mehr aus und können selbst für sich sorgen (lassen). Und der Rest ist dann in die Außenbezirke oder nach Perleberg oder Gransee entsorgt. Der ländliche Raum ist dankbar für den Bevölkerungszuwachs und damit entstehende Arbeitsplätze in der Pflegeindustrie. Und Brandenburg wird gewiss kein Seniorenmitwirkungsgesetz verabschieden. Wozu auch.
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Juni 2019
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