Alt In Berlin
Alter hat viele Gesichter, Lebensformen und Möglichkeiten in Berlin,
dieser Ansammlung sehr unterschiedlicher Großstädte.
Wenn überhaupt, wird Alter öffentlich eher einseitig wahrgenommen
als defizitär, problematisch, mühselig und kostenträchtig.
Perspektivwechsel lohnen,
genau hinschauen, querdenken, nachfragen,
und manchmal hilft nur Gelächter.
dieser Ansammlung sehr unterschiedlicher Großstädte.
Wenn überhaupt, wird Alter öffentlich eher einseitig wahrgenommen
als defizitär, problematisch, mühselig und kostenträchtig.
Perspektivwechsel lohnen,
genau hinschauen, querdenken, nachfragen,
und manchmal hilft nur Gelächter.
Wer kennt nicht die Pressemitteilung vom „Familiendrama“, wo ein Mensch – meist ein Mann – erst seine Familie tötet und dann sich selbst. Nur wenn ihm letzteres nicht gelingt, wird das Ganze zur Straftat, zu einem Gewaltverbrechen eines Täters mit von seiner Tat betroffenen Opfern. In diesem Zusammenhang bin ich vor Jahrzehnten zum ersten Mal auf die groteske Formel vom „erweiterten Suizid“ gestoßen.
Laut spektrum.de/news/erweiterter-suizid/1339678 vom 27.3.2016 sind es Psychologen, die „in diesem Fall von "erweitertem Suizid"“ sprechen. Nun, Psychologen kennen Patienten, keine Täter. Vielleicht sollte man ihnen deshalb diese Wortwahl nicht ankreiden. Die Erweiterungen eines solchen Suizides kommen ihnen nie zu Gesicht, warum sollten sie anderes wahrnehmen, als nur den Menschen, der seine Selbsttötung durch den Mord oder die Tötung anderer „erweitert“? „Einfache“ Suizide finden als solche über die Betroffenheit der unmittelbaren persönlichen Umgebung hinaus aus gutem Grund kaum jemals öffentliche Erwähnung und verschwinden in anonymen Statistiken. Es sei denn, die Selbsttötung wird öffentlich spektakulär vollzogen und als Protest gegen wahrgenommene politische Missstände zelebriert. Wie groß oder zahlreich muss jedoch eine solche „Erweiterung“ sein, damit die Tat mit Worten beschrieben wird, die über den Täter und seine Selbsttötung hinaus auch die Opfer sichtbar macht? Die Mord/Totschlag als Mord/Totschlag benennt, auch wenn sich der Mörder/Totschläger durch Selbsttötung der Verantwortung für seine Tat entzieht? Der damit seinem Tod größere Bedeutung zuweist, indem er ihn durch die Tötung anderer „erweitert“? Wird er in dieser absichtsvollen Erweiterung nicht geradezu ungeheuerlich bestätigt, wenn er mit Jahres- und Gedenktagen seiner Tat – des „erweiterten“ Selbstmordes – immer wieder ins öffentliche Gedächtnis gerückt wird und mit solcher Wortwahl immer wieder aufs Neue die Opfer seines Verbrechens ihres ganz persönlichen und selbst unverschuldeten Todes verleugnet, entpersönlicht, als namenlose „Erweiterung“ benutzt werden? Regt diese öffentliche Wahrnehmung als „Erweiterung“ eines persönlichen Todesvollzugs nicht geradezu zur Nachahmung an? In der Anmoderation des Berichtes über die Gedenkfeiern anlässlich des ersten Jahrestages des Germanwings-Absturzes sprach der Moderator des ZDF-Morgenmagazins vom erweiterten Suizid des Piloten. Diese Erweiterung umfasste 149 Menschen, deren einzige Verbindung zum Täter darin bestand, dass sie zufällig an diesem Tag in der Maschine saßen, die der Täter gegen die Felswand steuerte (Absturz?). „"Wenn ein Mensch 149 andere mit in den Tod nimmt, dann ist das für mich ein anderes Wort als Selbstmord", hatte Lufthansa-Chef Carsten Spohr am Donnerstag auf einer Pressekonferenz gesagt.“ So steht es in dem Spektrum-Artikel. Und Recht hat er. Welcher Art und Größe darf die „Erweiterung“ sein, damit der Selbstmord nicht mehr zur Verschleierung der Tötung zufällig Anwesender benutzt werden darf? Sind Selbstmordattentäter möglicherweise auch Menschen, die einen erweiterten Selbstmord begehen? Wo ist die Grenze, die ein Täter überschreiten muss, damit unsere öffentliche Sprache das Verbrechen gegen das Leben anderer benennt und nicht die Selbsttötung des Täters absichtsvoll getöteten Anderen zum Verschwinden bringt, oder schlimmer noch, die erfolgreiche Selbsttötung immer wieder erinnernswert macht? Muss er überleben, damit sein Verbrechen als solches benannt werden kann? Von Herrn Spohr darf man annehmen, dass er Englisch spricht und versteht. Dort wird eine solche Tat als "murder-suicide" oder "homicide-suicide" bezeichnet. Wie wäre es, wenn die öffentlichen Stimmen in Deutschland endlich auch eine solcherart präzise Benennung nutzen würden? Eine Wortwahl, die das Verbrechen gegen das Leben anderer als solches korrekt und vorrangig benennt vor der selbstbestimmten eigenen Tötung des Täters, was immer Auslöser derselben war?
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Juni 2019
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